11.03.2024
FW vor Ort: Besuch Notunterkünfte für Geflüchtete in Fockenfeld

Freie Wähler besuchen Fockenfeld

Eine Delegation aus Vorstandschaft und Kreistags-Fraktion der Freien Wähler des Landkreises Tirschenreuth hat im März 2024 die Notunterkunft für Geflüchtete in Fockenfeld besucht, um sich ein Bild über die aktuelle Situation zu verschaffen. Im Gespräch mit den Integrationslotsen, der Hausverwaltung und dem BRK wurde dabei sehr offen über die Besonderheiten der Unterkunft in Fockenfeld diskutiert und seitens der Integrationslotsen Anregungen und Wünsche an die Kommunalpolitiker weitergegeben.

Zurzeit leben 160 Menschen in Fockenfeld und hoffen fast täglich auf das Ende des Krieges in der Heimat. Bisher haben annähernd 850 von den 1350 im Landkreis lebenden Geflüchteten aus der Ukraine die Notunterkunft in Anspruch genommen, bevor sie andere Möglichkeiten gefunden haben, bei uns zu leben. Eine Besonderheit der verbliebenen Bewohner von Fockenfeld ist der fehlende Ansporn zur Integration bei uns. Es handelt sich vor allem um Frauen mit Kindern, die keine Notwendigkeit der Integration sehen, da sie ohnehin zurückkehren wollen, sobald es die Situation in ihrer Heimat erlaubt. Dennoch haben mehr als die Hälfte der Erwachsenen Fockenfelder Arbeit bei uns gefunden. Ein Glücksfall sei dabei die räumliche Nähe zur Produktion der Bäckerei Kutzer in Konnersreuth.

Eine weitere Besonderheit der Notunterkunft in Fockenfeld ist die baulich bedingte Einschränkung zur Selbstverpflegung in der Unterkunft. Daher haben sich die Betreiber entschieden, die Verpflegung über örtliche Küchen und Gastronomiebetriebe zu organisieren. Aufwändige Umbaumaßnahmen im Hinblick auf Brandschutz in Verbindung mit einer Küche stünden in keinem Verhältnis zu den Einsparungen. Außerdem werde die Verpflegung nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt, sondern die geflüchteten müssen neben der Miete auch die Kosten der Verpflegung selbst bestreiten.

Kulturelle Unterschiede beim Ehrenamt

Besonders interessant stellten sich kulturelle Unterschiede im Hinblick auf ehrenamtliches Engagement dar. In ihrer Heimat, so wurde während des Gespräches deutlich, gäbe es das typische Ehrenamt nicht. Erst in Fockenfeld haben die Familien gesehen, welche Vorteile das „füreinander da sein“ bringt. So haben sich Familien in Eigenverantwortung organisiert, die Kinderbetreuung und Aufgaben des täglichen Lebens in der Unterkunft so zu gestalten, dass der Freiraum für Arbeit und andere Tätigkeiten erst entstehen kann. So werden die Fockenfelder keines Wegs mit einem „rundum sorglos Paket“ bedient, sondern meistern ihren Alltag weitestgehend alleine. Baxi und privat organisierte Fahrten verhelfen hier zur nötigen Mobilität.

Die Struktur zur Integration von Geflüchteten im Landkreis Tirschenreuth steht auf soliden Beinen.

Neben den spezifischen Anforderungen von Fockenfeld wurde im tiefergehenden Gespräch auch die Integration von Zuwanderern aus anderen Regionen angesprochen. Dabei wurde deutlich, dass die Grundstruktur im Landkreis gut sei. Verschiedene Initiativen zur Integration verlaufen erfolgreich und somit profitiere auch der Landkreis von der Zuwanderung. Dennoch gibt es natürlich Bereiche, in denen Verbesserungen notwendig sind. Der Schlüssel hierbei sei zweifelsfrei das zügige Erlernen der Sprache. Neue Modelle der sprachlichen Ausbildung, auch Kurse für Menschen, die bereits arbeiten, erfordern intensivere Begleitung und umfangreiche Planung. Die Bitte an die Kommunalpolitiker lautet entsprechend, die ansässigen Sprachkursträger dabei zu unterstützen, noch effektiver auf die Bedürfnisse der Migranten und der potentiellen Arbeitergeber einzugehen.

Die Berufsausbildung der Zuwanderer wird hier ebenfalls als Schlüssel zum Erfolg gesehen. So gibt es außerhalb Deutschlands kaum vergleichbare Ausbildungswege, was die Anerkennung von Abschlüssen erheblich erschwere. Der einfachere und zielführendere Weg ist hier der Neuerwerb des Berufsabschlusses bei uns. Dabei wird neben den fachlichen Qualifikationen und der notwendigen Festigung der Sprache auch der Weg der „natürlichen Integration“ beschritten. Potentielle Arbeitgeber haben somit wesentlich niedrigere Hürden bei der Einstellung und bessere Chancen qualifiziert Arbeitskräfte zu finden und zu binden.

Als nicht zu unterschätzendes Ergebnis des Besuches der Delegation kann das Ausräumen von Missverständnissen erachtet werden. Einzelfälle dürften keinesfalls verallgemeinert werden und der Dialog zwischen Zuwanderern, Integrationslotsen und der Bevölkerung hilft, einander zu verstehen und Vorurteile auszuräumen.